Geraderichtung/Längsachsenbiegung
Reite dein Pferd vorwärts und richte es gerade!
Gustav Steinbrecht: Das Gymnasium des Pferdes
Kein Satz wird häufiger zitiert und trotzdem wird er immer noch missverstanden und fehlinterpretiert.
Geraderichtung bedeutet nicht, ein Pferd einfach geradeaus zu reiten. Ein Pferd ist von Natur aus nie gerade, auch wenn es geradeaus läuft. Auch wir sind nicht ‚gerade‘. Wir belasten unsere ‚Schokoseite' mit großer Wahrscheinlichkeit stärker.
Hinterhand und Vorhand stehen beim ‚natürlich‘ gehenden Pferd zueinander verschoben, das stärkere Vorderbein nimmt prozentual mehr Last auf.
Geraderichtung bedeutet, dass das Pferd spurentreu geht. Es tritt mit dem seitengleichen Hinterhuf genau auf einer Linie mit dem Vorderhuf. Das Gewicht wird gleichmäßig auf die inneren und äußeren Hufe verteilt. Dabei tritt das Pferd von hinten nach vorne an die Reiterhilfen heran (‚Vorwärts‘ reiten)
Ziel sollte sein, dass das Pferd jederzeit unter dem Reiter gerade gerichtet ist. Egal ob auf der Gerade oder in der Wendung.
Geraderichtung erreicht man nur über Längsachsenbiegung. Diese erreicht man nicht durch Geradeausreiten, sondern durch das Reiten auf gebogenen Linien und durch die Seitengänge. Deshalb spricht man auch von 'geraderichtender Biegearbeit'.
Anatomisch gesehen ist Längsachsenbiegung übrigens nicht die Biegung der gesamten Wirbelsäule. Das ist auf Grund der Bauweise der Wirbelkörper gar nicht möglich, auch wenn man meist von Rippenbiegung spricht. Sie entsteht durch ein Anheben des Rückens bei seitlicher Rotation des Brustkorbs.